Palmöl. Zerstörte Umwelt, geraubtes Land
„Yes, we expect the European [people] as consumer of our product to study and to conduct research about palm oil plantations in Indonesia in order to see the reality here: many people become the victim of corporate crime. There is no problem if any company intends to run business here, but the people here should not be the victim of their business.” Sprecher der Bauernversammlung in einem der von Landraub betroffenen Dörfern.
Die enorme Ausbreitung der Ölpalmplantagen in Indonesien hat zu großen Problemen geführt, da sie große Flächen in Anspruch nimmt. Verdrängung von Menschen, kleinbäuerlicher Landwirtschaft oder wertvollen Ökosystemen ist damit fast unvermeidlich verbunden.
Im Rahmen des Projekts SUPPLY CHA!NGE reisten Vertreter der Umwelt Organisation Global 2000 und der Menschenrechtsorganisation Südwind nach Indonesien, einem der größten Exporteure von Palmöl, um über die negativen Auswirkungen des Palmölanbau Informationen zu sammeln. Sie sprachen mit in vier Regionen mit Mitgliedern der lokalen Regierung und Dorfbewohnern, die in Konflikten rund um Palmöl verwickelt sind.
Die Probleme, von denen die GesprächspartnerInnen berichten, sind in ökologischer Hinsicht Rodung von Regenwäldern, Trockenlegung von Torfmooren, Feuer, enormer Wasserverbrauch durch die Palmen und damit verbundene Probleme für Landwirtschaft und Verschmutzung von Flüssen durch Ölmühlen. In sozialer Hinsicht treffen sie auf Verdrängung von kleinbäuerlicher Landwirtschaft, die seit Generationen auf bestimmten Gebieten betrieben wird. Land und Landrechte sind ein bestimmendes Thema in den meisten Gesprächen. Dazu kommen diskriminierende Einstellungspraktiken gegenüber der lokalen Bevölkerung auf den Plantagen, prekäre Arbeitsbedingungen und schlechte Entlohnung für eine sehr anstrengende Arbeit.
Ebenso hörten sie Berichte über Korruption bei der Konzessionsvergabe und fehlende Kontrolle der Gesetze und Vorschriften. Oft wird einfach nicht kontrolliert, was passiert bzw. was den geltenden Regeln nach erlaubt ist und was nicht. Immer wieder werden eigentlich geschützte Wälder gerodet.
Am Ende bleibt festzuhalten, dass bei Palmöl viele Schattenseiten globaler Wertschöpfungsketten zutage treten. Das ungleiche Machtgefälle, mit wenigen großen und meist internationalen Firmen, die Teile der Wertschöpfungskette dominieren, verbunden mit einer Philosophie, die Gewinn und Wohlstand einzelner über das Wohl der Allgemeinheit stellt, führt dazu, dass Natur und Menschen leiden. Darin unterscheidet sich Palmöl auch nicht wesentlich von anderen, für den globalen Handel bedeutenden Kulturen wie z.B. Soja, Kakao1 Rohrzucker oder Orangen. Die Situation für die Bauern und die Menschen im globalen Süden wird sich auch nicht ändern, wenn Palmöl durch eine andere Kultur ersetzt wird. Was wir daher heute dringender denn je brauchen, ist ein Umdenken in der Art, wie wir unseren Handel organisieren und betreiben.
Wir müssen uns fragen, wie sehr wir das Wohl einzelner über das einer global zusammenwachsenden Allgemeinheit stellen wollen und wie viel Risiko wir heute noch auf Kosten unserer zukünftiger Generationen eingehen wollen. Es wird die gemeinsame Anstrengung von Zivilgesellschaft, Politik, verantwortungsvoller Unternehmen und KonsumentInnen brauchen, um hier etwas zu bewegen.
Der Report „Palmöl. Zerstörte Umwelt, geraubtes Land“ fasst Hintergrundinformationen zum Thema Palmöl zusammen. Wie und wo wird es angebaut? Was unterscheidet Palmöl von anderen pflanzlichen Ölen? In welchen Produkten wird wieviel davon verwendet und wieso? Was sind die Folgen für Natur und Mensch vor Ort – und welche Lösungsansätze von Boykott bis zur Zertifizierung gibt es?
Die Studie steht in den folgenden Versionen zum Download bereit:
Das Gesetz des Dschungels
Malaysias Palmölindustrie hat schwerwiegende, gut dokumentierte Probleme mit Misshandlungen von Gastarbeiter*innen, unter anderem durch weit verbreitete Zwangsarbeit und Menschenhandel. Über 80% der Arbeiter*innen auf Palmölplantagen sind Gastarbeitende aus Ländern wie Indonesien, Bangladesch und Nepal. Im Jahr 2014 erteilte das auswärtige Amt der USA in seinem jährlich erscheinende Bericht über Menschenhandel die schlechtest möglich Wertung für Malaysia. Die Begründung lautet, dass die malaysische Regierung „nicht gänzlich die minimalen Standards erfüllt [um den Menschenhandel zu beenden] und keine signifikanten Anstrengungen unternimmt dies zu ändern.“ Zwar gibt es mittlerweile einen kontroversen Diskurs darüber, Malaysia höher einzustufen und mit den Staaten aufzulisten, die signifikante Anstrengen zur Verbesserung vornehmen (also Staaten der „Tier 2 Watch List“). Doch gibt es einen breiten Konsens zwischen Menschenrechtsexperten, dass die Misshandlungen unvermindert weiter praktiziert werden und dass die Regierung es nicht geschafft hat, bedeutende Schritte in Richtung einer Lösung des eigentlichen Problem zu tun.Ebenfalls im Jahr 2014 veröffentlichte Finnwatch einen Bericht über schwerwiegende Arbeitsrechtsverletzungen in RSPO zertifizierten Plantagen in Malaysia. Dem Bericht zufolge bezahlt die IOI Gruppe, einer der größten malaysischen Palmölkonzerne, geringere Löhne als den gesetzlich festgelegten Mindestlohn. Darüber hinaus hat der Konzern die Ausweisunterlagen der Arbeiter*innen beschlagnahmt und ihre Organisationsfreiheit eingeschränkt. Eine große Zahl der Plantagenarbeiter*innen der IOI Gruppe sind zudem im Unklaren über ihre Arbeitsverträge, die diese in einer für sie unverständlichen Sprache geschrieben waren.
Den Folgebericht zu dieser Thematik herunterladen (veröffentlicht 2015 von Finnwatch)